2007-08-06

neulich im Kino: "Die Simpsons - Der Film"

Nach knapp 18 Jahren auf der heimischen Mattscheibe hat es die schrecklich gelbe Familie also doch noch auf die große Leinwand geschafft. Warum das so lange gedauert hat, und wie die Story entstanden ist, erzählt Matt Groening am besten selbst: Die Frage ist natürlich: Hat der Wechsel des Mediums funktioniert? Lohnt es sich, den Film anzusehen? Oder sollte Homer Recht haben, wenn er am Anfang eine Spielfilm-Fassung von Itchy & Scratchy so kommentiert: "I can't believe we're paying to watch something we could see on TV for free! If you ask me, everyone in this theater is a big sucker!" Meiner Meinung nach hat das ganz hervorragend geklappt. Die Story ist für die Simpsons erstaunlich stringent, es ist wirklich ein zusammenhängender Film. Die Charaktere haben plötzlich mehr Zeit und Platz, sich in Dimensionen zu entwickeln, die in der knappen halben Stunde einer TV-Episode nicht möglich sind. Das trifft besonders auf Bart und Marge zu. Lisa hingegen bleibt relativ unscheinbar, vielleicht weil sie durch die Fernsehfolgen noch mit die komplexeste Persönlichkeit der Familie erhalten hat. Aber selbst wenn man auf solche Feinheiten nicht achtet, ist der Film sehr unterhaltsam. Die Dichte an Gags und witzigen Einfällen ist extrem hoch. Es ist natürlich hilfreich, wenn man schon die eine oder andere Folge der Simpsons gesehen hat, das ist aber nicht zwingend notwendig. Neben dem ungewohnten Bildformat gibt es noch ein weiteres Novum, das allerdings schon aus Futurama bekannt ist: Computergrafik. Einerseits wurden damit einige größere Objekte oder Kulissen erzeugt, die dann um- oder durchflogen werden, andererseits wurden einige "Massenszenen" damit erstellt. Die Optik passt sich den handgezeichneten Teilen hervorragend an, man erkennt sie aber dennoch sehr gut, weil solche Einstellungen bisher bei den Simpsons noch nicht zu sehen waren. Einziges Manko, das auch schon mein Gast-Kommentator bemängelt hat: Der Film ist erschreckend harmlos. Die Simpsons haben noch nie ein Blatt vor den Mund genommen und Matt Groening und seine Kollegen haben nie einen Zweifel daran gelassen, wo ihre Sympathien und ihre Antipathien liegen (ich bin ja fast vom Stuhl gefallen, als ich nach Jahren endlich erfahren habe, woher der Name "Milhouse" stammt). Das politische Thema des Films ist Umweltzerstörung. So erklärt Lisa in einer nett gemachten Parodie von "An Inconvenient Truth" den Einwohnern von Springfield, dass der städtische See kurz vor dem Kollaps steht. Wer ihn dann zum Umkippen bringt, kann man sich denken... Eigentlich hätte es genügend staatliche Organisationen mit dreibuchstabigen Abkürzungen gegeben, mit denen sich die Filmemacher hätten anlegen können (CIA, FBI, NSA (die kommen immerhin ganz kurz vor), DHS, DoD, IRS, KKK, usw.), aber es ist ausgerechnet die EPA, die den großen bösen Staat repräsentiert. Immerhin, mit denen hatte ich ja vor einiger Zeit auch ein Rencontre, daher hat diese Entscheidung durchaus meine Sympathie. Aber das große Feindbild kommt ungeschoren davon: Präsident der USA ist nicht Dubyah, sondern ein gewisser Herr Schwarzenegger, der in seiner Einfältigkeit fast schon bemitleidenswert ist - weil er sich ihrer bewußt ist: "I was elected to lead, not to read". Andererseits: Vielleicht ist die vollständige Nichtbeachtung des politischen Establishments in Washington genau die Ohrfeige, die sie verdient hat. Jede Parodie wäre früher oder später von der Realität eingeholt worden. Vielleicht wurde hier eine Chance vertan. Andererseits war es der erste Film, und da wollte man eventuell nicht zu sehr polarisieren. Es muss ja nicht der letzte Simpsons-Ausflug in's Kino gewesen sein - wie üblich: Bis zum Schluss des Abspanns sitzenbleiben.

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