Früher oder später musste es ja mal passieren: OWL ist mir zum Fotografieren zu klein geworden, und es hat mich in die weite Welt gezogen, um auch mal an anderen Orten andere Vögel beobachten und ablichten zu können. Also war ich letzte Woche für ein paar Tage an der Nordsee. Nach kurzer Suche hatte ich die ideale Ferienwohnung für mich gefunden: Direkt am Deich bei der Hamburger Hallig gelegen, mit den beiden Rast- und Brutgebieten "Hauke-Haien-Koog" im Norden und "Beltringharder Koog" im Süden. Einziges Manko war der Termin: Zu fast keiner Zeit im Jahr sind so wenige Vögel an der Nordsee wie Mitte Juni. Aber es passte mir gerade, ich wollte nicht in die Feriensaison geraten, und überhaupt wollte ich diese Form von Urlaub nur mal kurz antesten.
Und selbst zu dieser Zeit ist an der Nordsee noch viel los, und etliche Arten, die zu Hause überhaupt nicht vorkommen oder absolute Seltenheiten sind, trifft man dort an jeder Ecke. Unmittelbar nach meiner Ankunft bin ich den Fußweg zur Hamburger Hallig gegangen. Es wimmelte nur so von Austernfischern
(dieser schützt gerade seinen Nachwuchs) und Rotschenkeln
Am ersten Abend bin ich dann nochmal am Deich entlang gegangen, erst auf der Meer-, dann auf der Landseite. Ich hatte nur meine alte Kamera mit einem Spielzeug-Objektiv dabei. Immerhin hat es gereicht, um diese Flussseeschwalbe festzuhalten, die plötzlich an mir vorbeizog:
In unserer Gegend kann man mit etwas Glück an der Weser diese Art beobachten, daher war ich ziemlich begeistert, sie "einfach so" aus nächster Nähe beobachten zu können. Ich hatte ja noch keine Ahnung...
Am nächsten Morgen konnte ich am Hauke-Haien-Koog balzende Kampfläufer beobachten, leider sehr weit weg:
Der folgende Tag war für eine Exkursion auf die Hallig Hooge reserviert. Los ging es mit der Fähre "Hilligenlei" vom Hafen Schlüttsiel:
Am Hafen wimmelte es nur so von Möwen, die vermutlich im aufgewühlten Fahrwasser der Schiffe auf Beute spekulierten. Silbermöwe (links, hell) und Heringsmöwe (rechts, dunkel):
und die sehr seltene Löffel-Bisquit-Möwe:
Okay, doch nur eine Lachmöwe, die tolle Beute gemacht hatte. Während der Überfahrt wurde die Fähre noch lange von einem Schwarm verfolgt, und da gesellten sich dann auch noch Sturmmöwen dazu:
Auch hier hatte ich aus Gewichtsgründen nur wieder das kleine Objektiv dabei, aber die Vögel flogen so dicht heran, dass sie mehr als Formatfüllend wurden:
Aber neben den Möwen tummelten sich auch hier jede Menge Flussseeschwalben, die ebenfalls so nahe herankamen, dass man sie fast anfassen konnte:
Bei diesem Tier könnte es sich eventuell sogar um eine Küstenseeschwalbe handeln, wofür der rein orange Schnabel ohne dunkle Spitze ein Indiz wäre:
Nach etwas mehr als einer Stunde Fahrt näherten wir uns der Hallig
die die Gäste freundlich begrüßte
um gleich darauf den "Hallig-Taler", einen Euro Kur-Taxe, zu kassieren. Dafür, dass ich mir dann auf der Hallig einen tierischen Sonnenbrand geholt habe, sollte ich mein Geld zurückverlangen...
Auf Hooge kann man auch etliche Vogel-Arten beobachten, und aufgrund der räumlichen Enge und der Vielzahl an Tagesgästen, kommt man teilweise sehr nahe an die Tiere heran. Fotografieren konnte ich eine Feldlerche
einen jungen Star
Eiderenten mit Nachwuchs
einen jungen Austernfischer
einen Sandregenpfeifer (der mit einem Partner sein Revier verteidigte)
und einen Wiesenpieper
Und auch hier gab es wieder reichlich Flussseeschwalben, diese hier ist sogar beringt:
Eigentlich sollten die sich inzwischen an die Menschen gewöhnt haben, trotzdem hat es schon leicht was von einem Hitchcock-Film, wenn so ein Vogel auf einen zufliegt und seinen Scheinangriff erst im letzten Moment abbricht.
Natürlich gibt es auch touristisch viel zu sehen, wofür ich mir aber kaum Zeit genommen habe. Lediglich diesen knallbunten Krabbenkutter fand ich ganz nett
nicht zuletzt wegen dieses plattdeutschen Spruchs über der Brücke
Update: Ich wurde darauf hingewiesen, dass dieser Spruch auch in der Ballade "Pidder Lüng" von Detlev von Liliencron vorkommt, die u.a. von Achim Reichel aufgenommen wurde. Laut Wikipedia findet sich der Spruch auch im nordfriesischen Wappen (er ist also technisch "friesisch" und nicht "plattdeutsch", auch wenn das allen Leuten südlich von Bielefeld ziemlich egal sein dürfte). Allerdings ist mir nicht ganz klar, was von beiden zuerst da war.
Der letzte Tag war dann wieder der Fotografie mit der großen Linse vorbehalten. Zunächst wollte ich am Hauke-Haien-Koog nachschauen, ob ich noch die Streifengänse wiederfinde, die ich zwei Tage zuvor gesehen hatte. Ja, konnte ich:
Als kleine Kuriosität fand sich unter den vielen Graugänsen dann dieser Mischling mit einem deutlichen Einschlag von Hausgans:
Ob er vielleicht mit dieser Gans verwandt ist, die ich schon in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mehrfach am Dümmer beobachten konnte?
Am Beltringharder Koog konnte ich dann nochmals Austernfischer
und Rotschenkel
fotografieren. Einen Säbelschnäbler hatte ich zwar auch schon auf Hooge vorbeifliegen sehen, aber hier kam ich endlich auf Foto-Entfernung heran:
Am Beltringharder Koog gibt es auch einige Beobachtungshütten. Als ich die Aussichtsluke in einer davon aufmachte, fauchte mich ein Höckerschwan an, der mit Nachwuchs unmittelbar davor saß. Ich dachte noch "man, sind die Schwanen-Küken hier aber dunkel". Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass es sich um vier junge Graugänse handelte, die ganz offensichtlich von einem Schwanen-Paar adoptiert wurden:
Die letzte Station war dann die Arlau-Schleuse, wo in wenigen Metern Entfernung ein Schilfrohrsänger posierte:
Der absolute Knüller kam dann aber zum Schluss:
Ein Seidenreiher! Der wird zwar in der Gegend immer mal wieder beobachtet, trotzdem ist das eine sehr seltene Art.
Alles in allem hat mir der Urlaub sehr gut gefallen, und ich werde bestimmt zu einer besseren Jahreszeit nochmal dort hinfahren und mir dann mehr als vier Tage Zeit nehmen. Als Vorbereitung, um die Gegend kennenzulernen, war die knappe Woche genau richtig.
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